November und mein Wochenende in Independencia
Nicht nur ich war in Independencia einquartiert. Sarvia die Leiterin von Acción Solidaria hatte diese Aktion für alle Volis organisiert. Ich war zu Gast bei der Familie von Faustina. Keine fünf Meter weiter wohnten Freddy und Anna bei Augusta und ihrer Familie und vielleicht hundert Meter entfernt Anton, Toni und Cora.
Independencia ist einer der armen Stadtteile Limas. Dieses Wochenende hatte ich die Chance dort bei einer Familie zu wohnen und mit Ihnen zu leben. Gleich vorneweg: es war wirklich ein unvergesslich schönes Wochenende!
Faustina ist eine der Frauen die Montags zu dem Programm in dem ich mitarbeite kommt. Sie hat fünf Töchter, im Alter von 32 bis 18 Jahre, und Tito ihr Sohn ist 15 Jahre alt. Zuhause wohnen aber nur noch Tito, Flor und Martha. Außerdem ihr Mann, der kleine Hund Nemo und zwei Katzen. Die älteste Tochter, Hilda hat schon selbst fünf Kinder und war dieses Wochenende die Gastmama von Arne, also war Arne mein Neffe für dieses Wochenende (ich hab es sehr genossen seine Tante zu sein, Arne fands eher nervig :) ).
Ihr ‚Haus‘ ist, dass was man bei uns als Gartenhaus bezeichnen würde. Es ist echt nicht groß aber schön hell, hat einen richtig betonierten Boden (was in Independencia nicht selbstverständlich ist) und ist eigentlich echt gemütlich, also ich hab mich wohl gefüllt. Das heftige ist aber, dass die Familie erst seit April in diesem Häuschen wohnt da dies eine Aktion vom YMCA, Olli und den letztjährigen Volis war. Eine der letzten Volontäre beschreibt das alte Haus als „Paphütte“ und ich hab auch ein Bild gesehen wie es davor aussah: kein Boden, kein Herd, keine Fenster - echt mies ! Und das Haus ist immer noch keine Villa aber Faustina sagte: „ich liebe mein Haus, es ist sehr schön! Was soll ich mich beklagen“ und während ich da war dachte ich auch immer wieder wie krass diese von Herzen gute Familie es verdient hat dieses Häuschen zu haben und wie schön es ist das sie dort wohnen können!
Nun zu meinem Kurzen Alltag dort: Freitag Mittag wurden wir von Alberto, dem ‚privat-taxi-driver‘ vom Ymca nach Independencia gefahren. Freddy und ich wurden dann von Augusta, Freddys Mama abgeholt und wir sind ca. 10 Minuten zu unseren Häusern gelaufen. Dort wurd ich dann fröhlich von Faustina empfangen und wir sind direkt weiter zur nahegelegenen Cancha (nem Spotplätzchen) gelaufen. Dort waren dann auch wieder Freddy, Anna, Arne und drei andere Volis. Das war schonmal sehr sehr cool! Ich hab mit Martha, Luzma und einer Freundin der beiden Volleyball gespielt und die anderen haben mit ihren Geschwisterkindern Fußball gezockt. Das war schon ein sehr schöner und runder Abend. Zum schlafen hab ich das Bett von Martha bekommen, die hat sich das Bett das kleiner war als meines, mit Flor geteilt und im Doppelbett im anderen Zimmer haben die Eltern mit Tito geschlafen. Sehr eindrücklich, dass sie das für mich gemacht haben.
Am nächsten Tag bin ich um halb sieben aufgestanden. Mein Gastpapa war zu der Zeit schon fast 1 1/2 Stunden aus dem Haus. Er arbeitet jeden Tag, außer Sonntags, verlässt um 5 Uhr das Haus und kommt um 8 Uhr abends zurück. Nach dem Frühstück, bin ich mit Faustina und Martha auf den Markt gegangen. An dem Tag war Spezial Tag für die Leute vom Markt. Man wird als ‚Gringo‘ (also als alles was nicht, Lateinamerikanisch, Asiatisch oder Afroamerikanisch aussieht) schon in den anderen Teilen Limas angegafft. Aber das war echt nochmal ne Nummer krasser. Weil es in den ärmeren Teilen natürlich keine Touristen gibt. Konversation auf dem Markt von meiner Mama und einem Mann so Mitte zwanzig.
Mann: „wer ist denn das?“
Faustina: „meine älteste Tochter.“
Mann: „aber das ist eine Gringa?“
Faustina: „ja, ihr Vater ist Gringo“
Schlagfertig oder ? Ich musste sehr lachen.
Der Markt ist auch kein deutscher, Hühnchen liegen da rum, an den Gemüseständen wird um den Preis für die Maisabfälle verhandelt und und und ... Martha verhandelt knallhart! Aber das liegt auch daran dass die Familie wirklich sehr wenig Geld hat. Danach wurde gekocht, Pachamanca mein Lieblingsperuessen. Das wurde auch nicht auf dem Gasherd gekocht sondern draußen über einem kleinen Feuerchen. Warum weiß ich nicht genau aber es war ganz schön urig und sehr sehr lecker !
Zum Mittagessen kam auch Sarvia und danach bin ich mit ihr noch ein bisschen rumgetigert und wir haben zwei weitere Frauen aus dem Programm besucht. Die eine hatte nicht mal einen Herd, sie hat draußen auf einem kleinen Feuer gekocht und ihr Haus bestand aus einem Raum in dem eine Matratze auf dem Boden lag und ihre Tochter darauf schlief. Wendy wohnt mit zehn weitern Leuten im Haus ihrer Mutter, und das weil ihr Mann mit 27 Jahren gestorben ist und sie nicht genügend Geld für sich und ihre Tochter verdienen kann, hätte sie das Haus vom sich und ihrem verstorbenen Mann behalten. Das klingt nach nem Schicksal für nen ganz Klischeehaften Film. Das ist’s aber nicht. Das ist Alltag in Independencia.
Als wir zurück zu mir nach Hause kamen sind wir auch direkt aufgebrochen um zu einem Kinderprogramm zu gehen das der Ymca in Inde gestaltet hat. Es war sehr chaotisch, aber die Bilder sind schön geworden :).
Abends saß ich dann noch etwas mit der Familie zusammen, wir haben Fern gesehen und hatten eine schöne Zeit
Sonntag war wieder ähnlich wie Samstag, aufgestanden, gefrühstückt, zum Markt, gekocht (das geht hier echt lang weil ja alles komplett unzubereitet gekauft wird), danach gegessen und dann war meine Zeit in Inde fast schon um.
Gegen halb vier sind wir runter gegangen zum Treffpunkt und wurden dort von Sarvia abgeholt und sind gemeinsam mit dem Bus nach Hause. Es war ein wirklich schönes und tolles Wochenende.
Es war ein wirklich schönes und tolles Wochenende. Wie diese Familie direkt so lieb und unglaublich herzlich zu mir war, fand ich wirklich prägend.
Wie die Leute dort sehr ärmlich aber vor allem einfach leben ist toll. In Deutschland und auch bei mir ist so der Drang nach: immer mehr, immer besser, immer schöner aber eigentlich braucht man so wenig Dinge zum glücklich sein! Marthas WhatsApp Status ist: „Ich habe nicht alles was ich will, aber ich bin glücklich mit dem was ich habe“
Ich hab auch überlegt was man der Familie schenken könnte um ihr Gutes zu tun aber mir ist ehrlich gesagt nichts eingefallen. Denn sie haben das Nötigste an Materiellen Gütern und das aller wichtigste das sie haben ist ihre Dankbarkeit und ihre Herzlichkeit!
Davon könnte man sich wirklich ne Scheibe abschneiden. Wir müssen uns echt immer ins Gedächtnis rufen wie unglaublich gut es uns geht und das wir uns nicht durch unseren Besitz definieren sondern durch unser Herz !
Ganz viel liebe aus Lima sende ich euch! :) eure Hanna